The Heartbreaker

– Das hat sich gelohnt –
Steven war der Glückspilz schlechthin. Sobald er eine hübsche Frau sah, träumte er nur noch von ihr. Wollte er sie allerdings kennenlernen, dann tappte er von einem Fettnäpfchen gleich zum nächsten. Er blamierte sich so sehr, dass er exakt das Gegenteil von dem bewirkte, was er eigentlich hatte erreichen wollen. Die junge Dame kennenlernen.

Neben der Schule arbeitete er noch am Wochenende bei Burger King. Er wurde dort an jedem möglichen Arbeitsplatz eingesetzt und verrichtete seine Arbeit schnell und korrekt. Eines Tages wurde er direkt am Kundenschalter eingesetzt und war für die Entgegennahme von Bestellungen und deren Auslieferung zuständig. Problemlos merkte er sich immer wieder die Einzelheiten: Einmal Maxi-Burger mit 2.5 dl Cola und Pommes und ein anderes Mal einen gemischten kleinen Salat mit 5 dl Eistee und einem Vanille-Milchshake. Tag für Tag nahm er die Wünsche der Kunden entgegen und gab ihnen immer genau das, was sie bestellt hatten.

Als er dann einmal wieder seinen Blick auf die Warteschlange hinter seinem Schalter warf, entdeckte er eine junge Frau, die genau seinen Vorstellungen einer Ideal-Frau entsprachen. Schlanke Figur, gross, braune lange Haare, grüne Augen und Kleider, die sie so eng umschlungen, dass ihr wohlgeformter Körperbau zum Vorschein kam. Das Unglück war im Anmarsch.

Alles begann damit, dass sein Herz anfing schneller zu pochen. Sein Fingerspitzengefühl für die korrekte Erledigung der Bestellung fing an zu wanken. Seine Gedanken kreisten immer mehr um diese Schönheit, die er schon bald bedienen würde. Dann war es soweit. Sie stand direkt hinter dem Thresen und während er versuchte ihr die Wünsche von den Lippen abzulesen, gab sie ihre Bestellung auf: „Eine kleine Portion Pommes und 5 dl Eistee bitte.“ Anstatt sich sofor um ihre Wünsche zu kümmern, stand er noch einen Augenblick regungslos da und fragte dann: „Sie wünschen?“ Da er so sehr mit seinen Gedanken beschäftigt gewesen war, hatte er ganz vergessen, dass sie ihre Bestellung bereits aufgegeben hatte. Sie blickte ihn misstrauisch an und fragte sich, ob sie tatsächlich undeutlich gesprochen habe: „Wie bereits gesagt, ich hätte gerne eine kleine Portion Pommes und 5 dl Eistee.“ Er nickte und machte sich an die Arbeit.

Wie hatte er bloss ihre Bestellung überhören können? Na egal, es konnte schliesslich nicht schlimmer kommen, oder? Er schaufelte also zuerst die Pommes in das kleine Kartonkistchen und begab sich dann zum Getränkeautomaten, um den bestellten Eistee abzufüllen. Doch statt des Eistees füllte er in der Eile Cola in den Becher. Schliesslich legte er beides auf das Tablett und verlangte dann von der Dame die Bezahlung des Preises. Sie zahlte und währenddem er das Geld schon mal in die Kasse legte, nahm sie einen Schluck ihres Getränkes. Nach zwei, drei Schlücken schüttelte sie sich: „Das ist gar nicht Eistee, das ist Cola!“ Steven kam sich so vor, als würde er kirschrot anlaufen: „Oh, bitte um Entschuldigung. Geben sie mir die Cola wieder zurück. Ich hole ihnen einen neuen Eistee.“ Seine Hände begannen einwenig zu zittern, als er ihr den Becher entnahm.

Er entleerte den Rest und wollte ihr kurz darauf den Eistee geben. Dummerweise drückte er den Deckel des Bechers nicht gut an und als sie den Becher entgegen nehmen wollte, ruschte er ihm aus und der ganze Eistee leerte sich über ihre Hosen. Die Katastrophe war wieder einmal komplett. Die bildhübsche Dame verliess sofort entsetzt zusammen mit ihren Kolleginnen den Burger King und Stevens Vorgesetzter holte ihn am Schalter ab und ging mit ihm in einen Nebenraum: „He, was hast du dir dabei gedacht? Sowas können wir uns doch nicht leisten…“ Harry, Stevens Vorgesetzter, erklärte ihm noch eine ganze halbe Stunde, welche Rechte und Pflichten er habe und wie er sich verhalten solle.

Vorläufig war es vorüber mit dem „Schalterdienst“. Er wurde wieder an anderen Arbeitsplätzen eingesetzt. Das alles änderte nichts daran, dass er von Armors Pfeil getroffen wurde. Obwohl er sich sehr ungeschickt verhalten hatte, wollte er dieses Mal alle seine Kräfte sammeln, um das Herz der jungen Dame zu erobern, die, so erinnerte er sich nämlich wieder, an der gleichen Schule Unterricht hatte.

Mit Hilfe seines besten Kollegen Dave suchte er in den folgenden Wochen nach einer Möglichkeit, um ihr zu imponieren. Sie fanden heraus, welches Lied ihr besonders gefiel und so beschloss er ihr dieses Lied am Abschlussball der Schule vor allen Schülern vorzusingen. Gesagt getan. Von nun an übte er beinahe wie ein Wahnsinniger, um dieses Mal alles richtig zu machen. Eine Bewilligung der Schule hatte er sich selbstverständlich schon geholt und dann war es auch bald schon so weit. Der Abschlussball stand vor der Tür und er konnte das Lied in- und auswendig.
Sein Herz klopfte ein bisschen mehr, als er es gerne gehabt hätte. Aber nun wollte er sich vollkommen auf seinen Auftritt konzentrieren. Er befand sich hinter der Bühne, deren roter Vorhang sich jeden Moment öffnen würde. Der Ansager des Abschlussballes kündigte den Song „Moonlight Shadow“ an und dann kam Stevens grosser Auftritt. Wie er bereits vor dem heutigen Abend erfahren hatte, hatte sich Sandra, die bildhübsche Dame, für den Abschlussball angemeldet.

Dave drückte ihm bereits kräftig beide Daumen, als sich der gigantische rote Vorhang öffnete. Nun erklang die Einleitung des Songs aus den grossen Lautsprecher-Boxen. Steven trat in seinem Smoking auf die Bühne und begann mit seinem Mikrofon zur instrumentalen Version von „Moonlight Shadow“ zu singen. Sämtliche Schüler blickten in seine Richtung und lauschten dem Gesang. Auch Sandra hatte sich ihm zugewandt. Er hoffte bloss, dass das Lied ihr auch heute gefiel… Das Lied kam immer mehr seinem Ende entgegen, als es kam, wie es kommen musste. Vor lauter Freude am Singen übersah er am Boden liegende Kabel, stolperte und fiel um. Dem nicht genug. Er hatte die Kabel so fest berührt, dass er gleich die Stromzufuhr zu den Lautsprecher-Boxen unterbrach und das Lied 15 Sekunden vor dem richtigen Ende bereits abrupt ausklang. Die Menge lachte und Steven, der sich wieder einmal unglaublich schämte, verliess die Bühne und ging zurück in die Umkleidegarderobe.

Dort angekommen, wartete bereits Dave, der ihm sagte, dass er grossartig gesungen habe und dass das Ende des Songs noch lustig gewesen sei und er es nicht zu Ernst nehmen sollte. Plötzlich tauchte Sandra auf, die total begeistert war. Anscheinend hatte er endlich voll ins Schwarze getroffen. Sandra gestand ihm, dass er ihr nach dem kleinen Unglück im Burger King aufgefallen sei und sie sich speziell nach seinem Auftritt auf der Bühne in ihn verliebt habe.

Armors Pfeil hatte offensichtlich endlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort eingeschlagen. Fortan verbrachten sie viel Zeit zusammen und sangen ab und zu „Moonlight Shadow“. Die Mühe hatte sich gelohnt. Endlich hatte er Erfolg.

The End


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