Der Absturz

Der Absturz Vom Geheimnisvollen Flug 180

Thomas Harris war schon seit langem ein guter Pilot und er wäre nie auf die Idee gekommen, dass ihm einmal so etwas passieren könnte. Schliesslich war er schon unzählige Male im Flugzeugsimulator und meisterte die unglaublichsten Fälle. Aber dieses Mal war sein Copilot George Duvois und er einfach machtlos.

Der Flug 180 nach Paris, der von Washington D.C. über Rio de Janeiro führte, war seit gut zehn Minuten ausser Kontrolle geraten. Wie aus heiterem Himmel waren die meisten Instrumente im Cockpit ausgefallen. Ein Paar davon liefen noch, sie lieferten allerdings Zahlen und Werte, die eindeutig nicht stimmen konnten. Die Piloten Harris und Duvois rissen die Steuerknüppel nach hinten ohne Erfolg.

Der Neigewinkel der Boeing 747, der erst vor kurzem noch waagerecht gewesen war, geriet immer mehr in Schieflage. Es würde keine weitere halbe Stunde vergehen, bis das gigantische Flugzeug schnurstracks in Richtung Boden stürzen würde und die Piloten versuchen müssten eine Bruchlandung einzuleiten, was ohne Instrumente schier unmöglich war.

An den Wetterverhältnissen konnte es nicht liegen, denn es war sonnig und absolut unbegrenzt klare Sicht. Der Höhenmeter wies ungefähr noch zwölftausend Meter aus und sank rapide. Mittlerweile war unter den Passagieren Panik ausgebrochen, obwohl sie der Flugkapitän darauf aufmerksam gemacht hatte, dass es sich nur um starke Turbulenzen handle. Die meisten Passagiere hatten bereits die Sauerstoffmasken übergezogen, die aus kleinen Luken an der Decke rausgefallen waren. 
Harris teilte über Funk folgendes mit: „Kontrollzentrum Rio de Janeiro. Hier ist Flug 180. Wir haben einen Notfall. Mayday, mayday.“ Das Flugzeug gewann immer mehr an Geschwindigkeit und näherte sich bereits einer dünnen Schleierwolkenschicht…
Sie befanden sich im Moment über Französisch Guayana, Südamerika. In diesem Gebiet leben illegal eingewanderte brasilianische Goldsucher und versuchen ihr Glück mit Goldschürfen. Gleichzeitig durchforstet eine Eliteeinheit der französischen Regierung die „grüne Hölle“, um einige dieser Lager, in denen dieser Goldschürfer arbeiten, zu finden und die Leute in gewahrsam zu nehmen. Denn diese Goldschürfer zerstören durch ihre Arbeit den gesamten Urwald.
Die Boeing 747 unterschritt die siebentausend Meter, als der Copilot Duvois den Passagieren über die Lautsprecher mitteilte, dass sie die Ruhe bewahren sollten. Nur wenige Minuten später gewann Harris wie durch ein Wunder wieder einigermassen die Kontrolle über das Flugzeug.

Es funktionierten zwar die meisten Instrumente nicht, dafür konnte er aber mit dem Steuerknüppel das Flugzeug wenigstens ein bisschen stabilisieren. Plötzlich sagte Harris zu Duvois: „Wie kann das sein? Ich sehe bereits die Bäume.“ Duvois überprüfte nochmals den Höhenmesser, der mittlerweile die dreitausend Meter unterschritten hatte, laut Instrument. Doch dann wurde ihm klar, dass auch dieser Wert nicht der Wahrheit entsprechen konnte und dass sie in Wirklichkeit schon wesentlich tiefer waren. Duvois schrie zu Harris, dass er den Steuerknüppel mehr nach hinten ziehen solle, sonst würden sie abstürzen. Gleich darauf teilte Duvois den Passagieren mit, dass sie sich auf eine harte Notlandung gefasst machen sollten. Sie würden zur Notlandung ansetzen.

Gemäss weiterer Anweisung des Copiloten beugten sie sich nach vorne, den Kopf zwischen die Beine und sie wurden darauf hingewiesen, dass sie auf jeden Fall unten bleiben sollten, da es eine ausgesprochen harte Landung geben würde.
Es dauerte nicht mehr lange, bis die grosse Flugmaschine, die an einen gigantischen Vogel erinnerte, in den Dschungel abstürzte…
Zwei Stunden vorher hatten die Passagiere des Fluges 180 nach Paris gerade am Gate 21 am Flughafen von Washington D.C. eingecheckt und begaben sich durch die lange Flugschleuse, die die verschiedenen Wartesäle mit den Flugzeugen verband, zur Boeing 747.

Mit dabei war unter anderem ein chinesischer Diplomat sowie einem Special-Agent vom CIA, der den Auftrag erhalten hatte, die Flugmaschine mit dem ausländischen Botschafter an Bord zum Absturz zu bringen. Denn dieser Diplomat wollte geheime Informationen über die CIA an europäische Terroristen weiter verkaufen und wurde so für Amerika zur Bedrohung der nationalen Sicherheit. Nachdem der CIA Agent von einer Stewardess freundlich an Bord begrüsst wurde und auf seinen Platz aufmerksam gemacht worden war, versicherte er sich noch, dass der chinesische Diplomat auch sicher auf seinem Sessel in der First Class platz genommen hatte. Somit verlief alles nach Plan. Schon bald verkündete der Flugkapitän über die Lautsprecher, dass sie Starterlaubnis erhalten hätten und sich die Boeing 747 nun auf den Weg zur Startbahn befände.

Seiner Schätzung nach würde das Flugzeug in höchstens zehn Minuten die Grossstadt Amerikas in Richtung Süden verlassen. Tatsächlich dauerte es nicht lange, bis die vier grossen Turbinen des Flugzeuges aufheulten und es sich in Bewegung setzte. Dann beschleunigten die Piloten urplötzlich, die Passagiere wurden alle in die Sitze gedrückt, was ihnen ein ähnliches Gefühl wie auf der Achterbahn vermittelte, die hinteren Reifen hoben von der Startbahn ab und die Boeing 747 hob mit den Passagieren an Bord ab und schoss gen Himmel. Noch Minuten nach dem Start war das Brummen der grossen Turbinen auf dem Flughafen zu vernehmen.
An Bord checkten die Piloten gerade den Kurs und die Instrumente und alles schien in Ordnung zu sein.

Selbst das Wetter war ausgezeichnet, obwohl am Vorabend starke Bewölkung mit zeitweise Regenschauern vorausgesagt worden waren. Gerade als der CIA-Agent Kevin Locksley den Cocktail aus Orangensaft und Whisky, den er von der Stewardess erhalten hatte, runtergespült hatte, nahm er ein kleines Köfferchen zur Hand und schritt mit mehr oder weniger schnellen Schritten zur Toilette. Dort angekommen, schloss er die Tür hinter sich ab und öffnete das Köfferchen auf einer Ablage. Zum Vorschein kam eine Rasierklinge, ein Feuerzeug und mehrere Kugelschreiber. Er nahm die Rasierklinge zur Hand und löste die Klinge und das andere Ende. Deutlich erkennbar wurde nun ein kleiner Pistolenlauf.

Nun schraubte er den Kopf des Feuerzeugs ab und steckte den Rest des Feuerzeugs von unten in das eine Ende des Rasierers. Fertig war eine klein kalibrige Pistole. Er schraubte nun noch die vier Kugelschreiber auf und entnahm aus ihrem Innern vier Patronen, die er von unten in das als Feuerzeug getarnte Magazin steckte. Nun konnte er zur Tat schreiten mit geladener Waffe. Natürlich würden dabei noch Unschuldige draufgehen. Aber Auftrag war nun einmal Auftrag und wenn er das Flugzeug nicht zum Absturz bringen würde, dann konnte er sich auch gleich selbst umbringen. Denn keiner aus dem CIA würde ihm dann nicht nachjagen…

Er fühlte sich ein bisschen kribbelig im Magen, aber das würde so oder so gleich wieder vergehen. Denn schliesslich war er ein Profi und liess sich von Gefühlsschwankungen nicht aus der Ruhe bringen…
Er kehrte wieder zu seinem Sitzplatz zurück, nachdem er sich aus sicherer Entfernung vergewissert hatte, dass der „wichtige“ Passagier auch wirklich noch an Bord war und sich in der Zwischenzeit nicht dazu entschieden hatte, das Flugzeug unangemeldet und ohne seine Erlaubnis zu verlassen. Der letzte Schritt in seinem Zeitplan kam ungefähr eine Stunde später, als er einen anderen kleinen Koffer hervornahm und diesen öffnete. Sein Sitznachbar, der noch ein Teenager war, konnte seine Augen nicht losreissen vom Inhalt dieses Koffers, der an die Steuerung eines kleinen Motorflugzeugs erinnerte. Locksley erklärte dem Jungen, dass sein Lieblingshobby die kleinen Motorflugzeuge waren und dann konzentrierte sich der Junge wieder auf sein Trend-Magazin, das er für einen Augenblick zur Seite gelegt hatte. Auf diesem Steuerapparat, den Locksley da in diesem Koffer hatte, befand sich ein kleiner roter Knopf und ein Hebel daneben. Er zog die Antenne des Apparates aus, drückte den roten Knopf und schob langsam aber präzise den Hebel nach vorne…

Im Cockpit ging die Hölle los. Von einem Augenblick zum nächsten schalteten sich sämtliche Instrumente aus und die Steuerknüppel versagten. Sofort checkten die Piloten alles, fanden aber im Schnellcheck überhaupt keine Hinweise für die Fehlfunktion, die ihnen auf längere Dauer gesehen, das Leben kosten konnte. In der Zwischenzeit hatte sich Locksley von seinem Sitzplatz erhoben, um die Endphase seines Auftrages einzuleiten. Er schritt gemächlich nach vorne in die First Class und entnahm seiner rechten Hosentasche die kleine tödliche Waffe. Er stand direkt neben dem Diplomaten und richtete nun die Pistole auf ihn: „Nein, nein, Mr. Yoshimoto. Was sie da vorhaben, kann ich leider nicht zulassen. Sie hätten das nicht tun sollen…“ Locksley verlor keine weiteren Worte mehr, sondern schoss dem erstaunten Diplomaten direkt in die Stirn.

Aus einem puren Reflex schlug der Arm des gerade Verstorbenen noch einmal in die Höhe und traf versehentlich die kleine Pistole des CIA-Agenten. Locksley war nun nicht sicher, ob er den Diplomaten wirklich erledigt hatte und drückte den Abzug noch weitere drei Male durch. Allerdings traf er beim dritten Mal nicht den Diplomaten, sondern die Bordwand des Flugzeuges, worauf blitzschnell aus einem kleinen Einschlagloch ein grosses Loch entstand, das in seiner Wirkung auf erstaunliche Weise einem schwarzen Loch glich. Ein enormer Sog entstand und riss die Sitze, die am Nahsten waren, direkt nach draussen. Ebenso den des Diplomaten und Locksley, der dem gewaltigen Sog nicht hatte standhalten können. Ursprünglich war geplant gewesen, dass er den Diplomaten erschiesst, sich einen Fallschirm umlegt und von Bord springt, wobei das Flugzeug so oder so abgestürzt wäre. Aber mit dem hatte er nicht gerechnet und flog nun zielsicher seinem eigenen Tod entgegen…
Im Cockpit arbeiteten die beiden Piloten unter grösster Anstrengung an einer Lösung des Problems. Dann auf einmal blinkten zwei Lampen neu wieder auf und Copilot Duvois meldete dem Flugkapitän, dass sie Triebwerke 2 und 3 verloren hätten und dass der Kabinendruck gefallen sei. Gleich darauf legten sie sich die Sauerstoffmasken an und sorgten dafür, dass in den Passagier-Abteilen sämtliche kleine Luken aufgingen und den Passagieren ebenfalls Sauerstoffmasken zur Verfügung standen. Copilot Duvois erklärte dem Flugkapitän Harris weiter, dass sie viel zu schnell an Höhe verlieren würden und dass es von enormer Wichtigkeit war, dass sie die Boeing 747 wieder auffangen konnten. Nur wenige Minuten später teilte Harris über Funk folgendes mit: „Kontrollzentrum Rio de Janeiro. Hier ist Flug 180. Wir haben einen Notfall. Mayday, mayday.“ Die Geschwindigkeit des Flugzeugs nahm immer mehr zu und sie näherten sich bereits einer dünnen Schleierwolkenschicht, die sich unmittelbar unter ihnen befand.

Wenige Minuten später stürzte die grosse Boeing 747 im Urwald von Französisch Guayana ab. Eine dort stationierte Eliteeinheit der französischen Regierung bekam vom Absturz mit und begab sich sofort zur Unfallstelle. Der unberechenbare und unwegsame Dschungel Südamerikas erleichterten ihr Vorwärtskommen keineswegs. Schliesslich trafen sie vor Ort ein und fanden auf einer Fläche von gut einem Quadratkilometer unendlich viele Trümmer und keine Zeichen von Überlebenden. Zahlreiche zur Unkenntlichkeit verbrannte Leichen lagen verteilt im Dschungel und sie hatten keine Möglichkeit den Passagieren des Fluges 180 aus Washington D.C. irgendwie noch zu helfen. Die Aufräumarbeiten, wenn es überhaupt welche im Dschungel gab, würden unzählige Wochen dauern und eine Ursache für den schlimmen Absturz würden sie wahrscheinlich nicht finden, da CIA-Agent Locksley dafür gesorgt hatte, dass die wichtige Black-Box schon vor dem Start nicht mehr an Bord der Boeing 747 war…

The End
Nach Ideen und geschrieben von Sascha Stäuble und Chris Etterlen

 
Copyright © 2001 (23.08.01) by Chris Etterlen


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